Liebe Wüsten-Freunde,
Hier haben wir sie erreicht – die große, gnadenlose, rätselhafte und faszinierende Taklamakan-Wüste. Tamarisken, Euphrat-Pappeln sind wohl die einzigen Lebewesen in diesem fast leblosen Sanduniversum. Wir durchqueren die Taklamakan auf der 520 km langen Tarim-Desert-Highway, Aufrechthaltung welcher diese Straße wohl zur teuersten Straße der Welt macht.
Jede 5km sehen wir Pumpenhäuschen, wo ein chinesisches Ehepaar für 6 Monate eingesetzt wird, um die künstlich gepflanzten Tamarisken zum Schutz vor Sand der Highway entlang zu bewässern. Die Familie lebt bescheiden, wird einmal pro Woche mit 100 L Trinkwasser für Tirnken, Duschen und Waschen sowie Lebensmittel versorgt und bekommt etwa 400 Euro monatlich. Ein Traumjob für viele auf dem Lande lebende Chinesen. Ganz herzliche und offene Leute!
Man sagt in der Welt, könne man nur 3 Dinge ewig anschauen: fließendes Wasser, brennendes Feuer und Frauen. Ich habe festgestellt, dass dazu noch Wüstensand gehört. Schaut mal selbst! Apropos, so wie ich und Kassim durch die Wüste sorglos und barfuß spazieren, wäre nur am frühen Morgen oder am späten Nachmittag möglich. Zu sonstigen Zeiten ist der Sand kohlenheiß.
Taklamakan haben wir auch nicht nur beim stillen sonnigen Wetter, sondern auch beim zornigen Sandsturm erlebt, sonst wäre unsere Reise kein Abenteuer! Der unerwartete Sandsturm hat uns einige logistische Probleme gebracht und es hat noch ein paar Tage gedauert, bis wir Sand aus allen Stellen des Wohnmobils und Körpers endlich losgeworden haben.
Nach ein paar Tagen vom Sandbad sind wir in der Oase Kashgar, unserer letzten Station in China, gut und komplett angekommen. Es ist ein tolles Gefühl sich wieder nicht als Beduine zu fühlen und Wasser nicht zu sparen. Es ist ein interessantes Gefühl immer noch in China zu sein und ständig dabei zentralasiatisch-orientalisches Feeling zu haben: Keramik, enge orientalische Gassen und Architektur. Auch authentische Damen, die schick gekleidet einkaufen gehen, tragen diesem Gefühl bei.
Die Uhr auf dem Turm hat irgendwie nicht gestimmt, wie auch astronomische Zeit in Kashgar, in ganz China gibt es nur eine Zeitzone, Uiguren leben aber de facto mit zweistündigen Verzögerung. „Was Frühstück um 8 Uhr? Ist unmöglich, noch zu früh, erst ab 10 Uhr!!!“ Da Uiguren sehr gastfreundlich und nett sind, sind sie ein Kompromiss eingegangen: ein verschlafenes Personal deckte uns das Frühstück um 9 Uhr im Hotel. Nein, das was sich am Haken schwebt ist nicht unser Frühstück, sonst ein Besuch beim Kashgari-Metzger.
An unserem freien Tag in Kashgar haben wir einen Ausflug zum naheliegenden Dorf Opal unternommen, das vor allem als Grabsort von dem türkischen Gelehrten und Verfasser des ersten türkischen Wörterbuches Mahmud al-Kashgari aus dem 11. Jahrhundert bekannt ist.
Ganz interessant ist es einfach durch den Dorfmarkt zu schlendern, dass alle Merkmale einer städtischen Infrastruktur auf einmal aufweisen. Hier herrscht ein reges Leben. Hier kommen die Leute um lecker zu essen…
… um zu plaudern und einfach neugierig zu gucken…
… um Kleider nähen zu lassen …
… um sich rasieren zu lassen …
… um zu handeln …
… um die letzten Neuheiten der Bollywood-Industrie anzuschauen. Achtung! Nur die Männersache!
Oder ganz nebenbei einen Stier, eine Kuh oder ein Maultier zu kaufen. So wie es vor Jahrhunderten auch der Fall war.
Schnell ist die Zeit in China vergangen, es war eine schöne Zeit, abenteuerlustig und mannigfaltig. Hier müssen wir leider von unserem Dauerbegleiter Runqiang und dem waschechten Uiguren Kassim Abschied nehmen. Als Andenken an schönes Uigurien nehmen wir uigurische Mützen mit und als Andenken an unseren lieben Runqiang nehmen wir sein unnachahmliches „Hallooo!“ und schöne Erinnerungen an China in unseren Herzen. Vielen Dank Dir, mein Freund! Es war tolle Zeit mit dir.
Die Seidenstraße und unsere Instinkte rufen uns weiter in das wunderschöne Bergland Kirgisistan!
Euer Artem
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