Unterwegs im Herzen Europas

Liebe Freunde des Ostens,

wer hätte das gedacht: Auf dem Weg zur legendären Wasserburg von Trakai passieren wir unweit von Vilnius ein Schild mit der Aufschrift „Mittelpunkt Europas“.




Was zunächst nach einem genialen Marketing-Trick oder dem Ergebnis eines feucht-fröhlichen Abends in Folge einiger Liter des hiesigen „Midus“ (einer Art Honigwein) aussieht, entpuppt sich als wissenschaftlich korrekte Tatsache. Nicht etwa in Deutschland oder Frankreich – nein, hier in Litauen liegt der (zumindest geographische) Mittelpunkt Europas! Dies stellten 1989 französische Geographen des Institut Géographique National fest.







Hat man die aus dem späten Mittelalter stammende Wasserburg von Trakai erstmal erreicht, so wird einem schnell klar, dass hier in der Tat ein Teil europäischer Geschichte geschrieben worden ist. Ob polnische Könige, litauische Großfürsten und nicht zuletzt der Deutsche Orden: Sie alle wollten sich hier niederlassen und so haben auch diese Mauern zahlreich Kriege und Konflikte erlebt. Erst nach der Niederlage des Deutschen Ordens in der Schlacht von Tannenberg 1410 sowie der polnisch-litauischen Personalunion 1569, die zur Bildung der „Königlichen Republik der polnischen Krone und des Großfürstentums Litauen“ führte, kehrte hier etwas Ruhe ein und der umgangssprachlich „Polen-Litauen“ genannte Staat stieg zu einer Großmacht in Europa auf. Diese einstige Größe erklärt den Stolz sowie unnachgiebigen Freiheitsdrang der Litauer, welcher in den folgenden Jahrhunderten durch deutsche und russische Besatzung auf eine harte Probe gestellt wurde und erst mit dem Zerfall der Sowjetunion endgültig zu einem eigenen souveränen Staat führte.








Der sicherlich schönste Weg Trakai samt Umgebung zu erkunden ist das Wasser. Malerisch schön inmitten des Galvesees gelegen, bietet dieses Naturparadies mit zahlreichen Inseln neben Geschichte auch jede Menge Erholungs- und Sportmöglichkeiten. Und von ein paar Regentropfen lassen wir uns die Stimmung nicht verderben!







Ebenfalls einzigartig und bekannt für ihren eigenen Stil sind die bunten Holzhäuser von Trakai, welche von den hier bis heute lebenden Karaim – oder auch Karäer – erbaut wurden.



Die Weiterfahrt ins Nachbarland Lettland erfolgt auch äußerst europäisch, denn wirkliche Grenzen zwischen den baltischen Staaten gibt es seit über zehn Jahren nicht mehr. So erreichen wir Aglona und seine strahlend weiße Basilika ohne jegliche Sorgen.





Die für den lediglich knapp 1.000 Einwohner zählenden Ort eigentlich überdimensionierte Basilika stellt ein wichtiges Zentrum des Katholizismus in Lettland dar und ist spätestens seit dem Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1993 weit über die Grenzen Aglonas bekannt.







Wir lassen die einzigartige Atmosphäre des Ortes und seiner Umgebung auf uns Wirken, lauschen den Erzählungen von Valentina, die ihr ganzes Leben in Aglona verbracht hat und uns tiefe Einblicke in den oftmals schwierigen Alltag von Katholiken – vor allem zu Zeiten der Sowjetunion – gewährt und probieren natürlich auch einen Schluck aus der heiligen Quelle. Wer weiß, vielleicht hilft es ja doch….




Am Abend wird es dann im idyllischen Aglona doch nochmal ziemlich lebhaft, denn Fritz und Hans-Peter feiern Geburtstag, ein paar Letten trinken mit uns auf die Völkerfreundschaft und beim improvisierten „Public Viewing“ am Wohnmobil zittert sich Deutschland bei der Fußball-EM gegen Italien ins Halbfinale – mehr geht echt nicht mehr!





Nach einer derart spannenden Nacht folgt ein ausgiebiges Frühstück vor heiliger Kulisse, dann führt uns unser Weg durch die teilweise unberührte Natur Lettgallens, des östlichsten Teils von Lettland, auch schon weiter in Richtung Norden. Wie es dann in Estland weitergeht, das erfahrt ihr in Kürze wieder hier – bleibt uns also treu!

Euer Arthur

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