Liebe Freunde des Ostens,
wer hätte das gedacht: In diesem Jahr feiert „unsere Seidenstraße“ bereits ihr 10-jähriges Jubiläum! Was 2007 als gewagtes Abenteuer mit meinem Freund und Kollegen Kostya Abert begonnen hat, ist mittlerweile ein gewachsenes Netzwerk aus Freundschaften, Kontakten, Partnern und Erfahrungen, ein Begriff in der Reiseszene und zugleich auch der beste Beweis dafür, dass Menschen aus Ost und West unabhängig von der Politik miteinander auskommen können.
Ich selber bin „erst“ seit 7 Jahren mit dabei, erlaube mir jedoch einen persönlichen Blick auf den Start der diesjährigen Tour, die – zumindest für mich – im wunderschönen Mainz am Rhein beginnt. 2017 haben wir mit Holger einen neuen und zugleich auch erfahrenen Kollegen dazugewinnen können, der uns in den kommenden Wochen und Monaten begleiten wird. Womo fertig – los geht´s!
Während Holger bereits durch Polen und Litauen auf dem Weg zu unserem Treffpunkt in Riga ist, düse ich noch schnell nach Berlin und treffe mich mit unseren Partnern in Sachen Visa & co. Auch in diesem Jahr ist ihnen das Kunststück gelungen, die gesamte Truppe mit den nötigen Papieren für die bevorstehende Reise auszustatten und so genießen wir das sprichwörtliche „letzte Abendmahl“ – zumindest auf deutschem Boden. Danke euch, lieber Stephan und Heinrich für euren Einsatz hinter den Kulissen! Per Flieger hole ich dann Holger wieder ein, der zwischenzeitlich schon in Riga angekommen ist…..
In Riga treffen wir mit Dima das dritte Mitglied des Teams, der gerade aus Usbekistan eingeflogen ist, wo er am Tag zuvor noch mit Kostya und der „Düsseldorf-Peking“-Tour unterwegs war…..Ja, in diesem Jahr geht es richtig rund im Osten!
Nachdem der hinderliche Marathon (der scheinbar jedes Jahr exakt an dem Wochenende durchgeführt wird, an dem unsere Tour startet) in der Stadt endlich vorbei ist, genießen wir die faszinierende Abendstimmung in der lettischen Hauptstadt.
Am nächsten Morgen geht es dann nochmal so richtig los: Vom modernen Stadtcampingplatz aus starten wir komfortabel mit modernem Reisebus zur Stadtbesichtigung – dieses Mal in voller Mannschaftsstärke! In diesem Jahr wagen sich 17 Fahrzeugbesatzungen gemeinsam mit uns in den wilden Osten, so dass wir inklusive Team fast 40 Männer und Frauen zählen.
Riga empfängt uns mit einem für diese Jahreszeit ungewöhnlich gutem Wetter. So macht es Spaß, die zahlreichen Gassen und historisch interessanten Ecken zu Fuß zu erkunden.
Ob Mittelalter, Jugendstil oder Moderne – so ziemlich jede Epoche hat hier ihre Spuren hinterlassen und sicherlich trägt dies zur einmaligen Atmosphäre der heimlichen Hauptstadt des Baltikums bei.
Zurück am Stellplatz sind jedoch noch ein paar Hausaufgaben zu erledigen, denn schließlich gilt es in den kommenden Monaten diverse Grenzen zu meistern, sich auf verschiedene Menschen, Kulturen und Sprachen einzustellen und auch in der Gruppe das Miteinander nicht zu vergessen. Ich darf noch ein Meeting abhalten, bevor Holger und Dima übernehmen, welche die Gruppe bald ohne mich bis nach Ulan Bator begleiten werden.
Beim ersten Trinkspruch der Reise sind alle gut drauf, doch abends wird Dima beim Blick ins Notebook sowie der damit verbundenen Organisation der Tour schnell klar, was da auf ihn zukommt…..Aber keine Sorge, lieber Dima: Wer wie du in den letzten Jahren so viele Reisende unter schwierigsten Bedingungen durch Russland, Zentralasien und die Mongolei geführt hat, der wird auch diese neue Herausforderung schaffen!
Schnell vergeht die letzte Nacht innerhalb der EU und schon beobachte ich, wie das letzte Fahrzeug Lettland verlässt. Wir nehmen auch dieses Jahr auf dem Weg nach Pskow die Strecke über Estland, sammeln uns in Misso kurz vor der Grenze und dann geht es ab nach Russland! Hier erwarten uns (mal wieder) neue Grenzformalitäten, so dass wir schnell einen eigenen „Infostand“ aufbauen, um diese zu erklären und gemeinsam auszufüllen. Als Wohnmobilist hat man ja stets für alle Lebenslagen das passende Gerät dabei!
Die Grenzbeamten (welche ich besser mal nicht fotografiert habe) sind mittlerweile sehr korrekt, freundlich und gut ausgebildet. So rollen wir nach gerade mal 3 Stunden in der russischen Grenze bereits auf neuen russischen Straßen und werden an unserem ersten Platz in Pskow bereits mit der vollen Breitseite russischer Gastfreundlichkeit erwartet.
Hier, wo vor wenigen Tagen noch die Feierlichkeiten zum 9. Mai begangen wurden, sitzen nun Deutsche und Russen zusammen, trinken, lachen und feiern. Gibt es etwa einen besseren Weg, die Schrecken des 2. Weltkrieges zu verarbeiten und an der friedlichen Zukunft beider Seiten zu arbeiten?
Jetzt sind wir richtig in Russland angekommen und nicht nur Bärbel und Hans nutzen am nächsten Tag die Chance zum regen Austausch mit den Einwohnern von Welikie Luki, unserer zweiten Station in Russland. Beeindruckend, wie hier vor allem die Jugendlichen an der deutschen Sprache interessiert sind und uns über unsere Heimatorte sowie Ansichten über Russland ausfragen.
Nach so vielen positiven Begegnungen schockt einen nicht mal mehr die Einfahrt nach Moskau und so erreichen wir das Zentrum Russlands ebenfalls relativ rasch. Jetzt ist der Auftakt zur diesjährigen Seidenstraße geschafft und mit Sascha und Ararat auch der Rest des Teams bei der Gruppe angelangt. Ein feuchtfröhlicher Abend mit viel Schaschlik, Wodka und Gesang nimmt seinen Lauf, doch wie heißt es so schön: was in Moskau passiert, bleibt auch in Moskau!
Über die Megastadt Moskau habe ich schon mehr als oft geschrieben, man spürt aber bei jedem Besuch die Energie der russischen Hauptstadt. Vielleicht ist das ja der Grund, warum sie nach wie vor nicht aufhört zu wachsen? Hatte etwa der legendäre „MKAD“ (so die russische Bezeichnung für den Moskauer Autobahnring) bei seiner Eröffnung in den 1960er Jahren etwas über 100 km Länge, so kommt der derzeit noch im Bau befindliche, neue Ring auf mehr als 540 km!
Die Hauptstadt ist und bleibt in Russland das Maß der Dinge: Ob Wirtschaft, Politik oder Geschichte – an Moskau führt kein Weg vorbei. Auch für uns nicht.
So ist es fast schon ein Glück, dass wir uns in unserem Stellplatz im Park Sokolniki ein wenig von der Hektik der Megacity erholen können, frische Luft und Ruhe genießen und dennoch nicht zu weit weg vom Geschehen sind. Der Camping Sokolniki ist seit letztem Jahr zwar leider von der gleichnamigen Metrostation etwas weiter nach Norden verlegt worden, für Moskauer Verhältnisse aber dennoch recht zentral.
Hier bieten sich uns geradezu ideale Bedingungen, um auch mal in Ruhe über die Geschichte des Landes zu sprechen und z.B. Dimas Meinung über den Föderalismus in Russland zu hören. Schnell wird allen klar, dass dies sehr komplex ist und wir hier in den kommenden Wochen noch sehr viel mitnehmen können auf unserem Weg nach Osten.
Neben all den Eindrücken und Informationen sind wir auf jeden Fall auch einfach dankbar für das bisher Erlebte, genießen dank freundlichen und hilfsbereiten Menschen wie Ilja und Sergej jeden Tag und wie sagte doch gleich unser Gastgeber Aleksej in Pskow? Erheben wir unser Glas auf die Freundschaft aller Völker – na sdorovje!
Ich wünsche euch allen eine tolle Zeit in Russland und freue mich auf unser Wiedersehen in der Mongolei!
Euer Arthur
002 Von Moskau nach Udmurtien
Nach unserer Stadtbesichtigung mit der hervorragenden…