Liebe Leute daheim und unterwegs!
So, die russisch-kasachische Grenze haben wir schnell geknackt. Es dauert keine drei Stunden, es war super durch Valerys Team vorbereitet, im Nu sind wir drüben im nächsten Land auf dem Weg ins Reich der Mitte. Auf dem Tacho stehen 4400 Kilometer. Soweit ist es von Düsseldorf bis zur Kasachensteppe. Es liegt also förmlich um die Ecke. Vier Mal nach Berlin und zurück – das wäre in etwa die gleiche Distanz. Rein streckenmäßig. Was sich aber oberhalb der Asphaltdecke und daneben abspielt, ist ein ganz anderer Film.
Nun geht es für drei Tage durch das weite Kasachstan. Ich sollte eher „wilde“ statt „weite“ sagen, denn wir werden ganz schön was zu erleben bekommen. Schnallt euch besser mal an!
Die Straßen zum Beispiel haben oft diese Bezeichnung nicht verdient. Die Fahrbahn ist löchrig wie ein Schweizer Käse oder die Spurrinnen tief wie der Andreasgraben. Unser Andreas muss da ja auch durch…Zufall oder Fügung?
Ein PS hat keine Probleme mit den Straßen und Wegen. Die Pferde sind zwar frei, aber dennoch domestiziert. Wildpferde werden wir erst viel später sehen.
Gleiches gilt für die Kamele, die auch irgendjemand gehören. Trotzdem kommen die Trampeltiere im ewigen Steppenwind recht wild herüber. Die ersten milden Tage das Jahres lassen sie das Winterfell abstoßen. Was für ein Riesenland – allein die Steppe ist fünf Mal so groß wie Frankreich.
Die Jungs vom Dorf am kaspischen Meer freuen sich über seltenen Besuch. Nicht weit vom Dorf ist unser Stellplatz am Strand des Kaspischen Meeres. Seit letztem Jahr einer unserer Lieblingsplätze.
Wohlverdiente Erholung in herrlicher Meeresluft nach anstrengendem Fahrtag mit Grenzübertritt.
Auch wenn es eine Gruppenreise ist, halten unsere Naturstellplätze genügend Platz für jeden bereit. Wer will, kann sich gerne abseits stellen. Das gemeinsame Erzählen ist aber eindeutig ein Mehrwert, den alle notorischen Einzelgänger verpassen. Nun, bei notorischen Einsamkeitssuchern hat es auch seine Gründe, warum sie so alleine bleiben… das ist gut so! Auch für uns!
Wir ticken anders, wir freuen uns gemeinsam über Gudruns Geburtstag und gratulieren ganz herzlich.
Mein Schwiegervater Sergej, der wohl immer noch allerstärkste Mann Russlands, beschenkt Gudrun mit Seemannsgarn… äh, einem Marinestreifenpulli, den Man(n) und Frau früher trugen, als sie die Masten zum Segel setzen bestiegen.
Kein Seemannsgarn ist auch die nächste Gegebenheit.
Der 60.6er G.A.S.-Laster sowjetischer Baureihe kommt aus dem Kaspischen Meer. Seine Besatzung hat die Fischernetze geleert. Ein Exemplar der Ausbeute bekommen wir entgegengestreckt. Geschenk! Wir bekommen den Sasan, einen kapitalen Karpfen, geschenkt.
Geschen… boah, ist der schwer. Locker 45 Kilo…. Werde ich zuhause erzählen. Es sind in Wirklichkeit vielleicht 8 Kilo, aber es bleibt trotzdem ein Geschenk! Geschenk? Geburtstag?
Den Sasan kriegt Gudrun. Man muss Feste feiern, wie sie fallen. Und was haben wir für ein Glück. Jean zaubert daraus in den nächsten Stunden tolle Fischfilets! Französischer Gourmet. Fünf Sterne!
Die Nacht kommt, der Wind rüttelt sanft an unseren Fahrzeugen und schaukelt uns in den Schlaf! Sasans Leben ist zu Ende, aber seinen Lebensraum kann er uns noch schicken. In der Nacht kommt das Kaspische Meer zu uns.
Da wo gestern noch weit weg vom Ufer war, ist nun Landunter. Ab 5 Uhr morgens sind wir hellwach.
Ober träumen wir das alles nur?
Die meisten unserer Fahrzeuge stecken fest, das Wasser hat die Reifen umspült und versandet.
Aber keine Panic auf der Titanic. Und schon gar nicht im Kaspischen Meer. Denn so recht hoch kann es nun wirklich nicht kommen. Nur mit den Mühen des Sasan und den heftigen Nachtwinden ist es um 25 Zentimeter angestiegen. Fahrzeug für Fahrzeug befreien wir mit den Allradwohnmobilen – und hätten, falls wir es selbst nicht geschafft hätten, natürlich Schlepphilfe vom Dorf geholt. Viel höher wäre es ohnehin nicht angestiegen, Gezeiten wie bei uns an der Nordsee gibt es hier nicht.
emeinsam sind wir stark – nach einer Stunde sind alle befreit. Viele haben es aus eigener Kraft geschafft. Und die spektakulärsten Fotos und Filme dazu gibt es im Caravan Salon Düsseldorf ab dem letzten Wochenende im Traumtourenkino. Nun werden die Flutexperten sich wieder echauffieren und mir an den Kopf werfen: Wie kann man denn so nahe am Meer stehen?“ Ja, man kann. So wie wir. Sicher war, dass das Wasser nicht sehr hoch – selbst bei wildem Sturm – kommt. So war es zumindest bisher an dieser Stelle des Meeres.
Schlimmstenfalls hätten es also noch mal 15 Zentimeter mehr werden können. Ach Herrje, dann darf man auch nicht in erdbebengefährdeten Gebieten reisen und am besten gar nicht wegfahren. Wobei es auch zuhause recht gefährlich sein kann. Immerhin sterben die meisten Menschen daheim. Noch nie aber ist einer im Wohnmobil am Kaspischen Meer in Nordwestkasachstan durch eine Flut ums Leben gekommen – so zumindest mein Kenntnisstand. Da gibt es ganz andere riskante Stellen wie Wadis, die harmlos aussehen, aber schnell zu reißenden Flüssen werden können. Übrigens … damit es euch Flutexperten beruhig. Wir werden in Zukunft entweder eine Nachtwache an diesem Platz aufstellen, oder uns etwas weiter wegstellen.
Warum wir überhaupt nasse Füße bekommen haben? Der Sasan ist dran schuld. Er hat uns aus Rache das Wasser geschickt. So könnte es gewesen sein.
Wir jedenfalls sind nach dem morgendlichen Abenteuer wieder voll da – die Sonne und Conny lachen – der Tag darf kommen.
Und er kommt. Freier Flug über endlich mal tadellose Straßen.
Wir gleiten hinweg durch die Weite der Kasachensteppe.
Die Pferde spielen Reisegruppe am Kaspischen Meer. Früher ging es nur per Pferd durch die Steppe. Unvorstellbar für uns Reisende, die komfortabler denn je mit unseren Häusern auf Rädern im Wilden Osten unterwegs sind.
Ankunft am Nachtplatz. Lange Schatten zeugen vom nahenden Sonnenuntergang
Viele sind früher gekommen und haben die milden Abendsonnenstrahlen genossen. Wir als zweites Teamfahrzeug sind meist die letzten derer, die eintreffen.
Die Steppennachtruhe. Es duftet nach Kräutern – es ist wunderbar.
Der nächste Tag bringt wieder die volle Breitseite an Abenteuern. Bis zur Grenze müssen wir uns durch heftige Strecken durcharbeiten. 80 Kilometer Piste gilt es zu bewältigen, bis wir an der kasachisch-usbekischen Grenze stehen.
Die Umgebung ist unwirtlich und faszinierend zugleich. Staub und Salzpfannen säumen die Strecke.
Der einstige Aralsee ist nur wenige Hundert Kilometer entfernt. Seine riesigen trockenliegenden Flächen haben viel Salz freigegeben. Die Steppenwinde haben das Salz Tausende Kilometer nach Westen und Süden geweht – diese Salzpfanne ist ein Produkt davon.
Tankstellen gibt es nur noch selten in diesem Streckenabschnitt. Nun, hier würde wir nur in allergrößter Not tanken. Wir haben aber keine Not, alles ist im Lot.
Was für ein anstrengender Tag. Ich glaube, es ist der heftigste Tag der ganzen Reise. Außer Staub und Piste gibt es nur Kamele. Und ausgerechnet an so einem Tag habe ich einen runden Geburtstag.
Ach, dann sollen die doch für mich singen. Macht das Höckertier auch glatt! Ich sage dir Dankeschön. Dein Land ist faszinierend – deine Menschen freundlich, deine Strände morgens nass…
Und Danke, dass du deine Freunde gerufen hast. Nun wird es doch noch eine Feier. Erst in der Steppe und dann am Abend …. Oh, das wäre schon die nächste Geschichte. Doch dazu müssen wir erst mal über die wilde Grenze und nach Usbekistan einreisen. Davon erzähle ich im nächsten Bericht. Von Feiern, Farben und vielen schönen Momenten auf dem Weg nach Peking.
Euer Kostya
005 Auf Ex(chs)! Willkommen in Usbekistan
Das war ne Meisterleistung des Teams, welche die…
003 Originelle Begegnungen in Südrussland!
Folgt nun unseren letzten 500 Kilometern durch den Süden Russlands…